Kaul, Friedrich Karl
Geschichte des Bestandsbildners geb. 21. Febr. 1906 in Posen, gest. 16. Apr. 1981 in Berlin, Rechtsanwalt und Schriftsteller 1925-1929 Studium der Rechtswissenschaft in Berlin und Heidelberg, 1931 Promotion, 1932 KPD, 1933 Entlassung aus dem Justizdienst aus "rassischen Gründen", danach Versicherungsvertreter und Rechtskonsulent, 1935 Haft in den Konzentrationslagern Lichtenburg und Dachau, Juli 1937 Emigration nach Kolumbien, später Panama, Honduras und Nicaragua, Büroangestellter und Bauarbeiter, 1939 Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft, 1941/42 in Nicaragua interniert, Auslieferung an die USA, dort 1942-1945 Internierung im Camp Kenedy/Texas, 1945 Rückkehr nach Deutschland, 1946 Referendar und Hilfsrichter am Landgericht Berlin, SED, 1946 Justitiar des Berliner Rundfunks und Leiter der Rechtsabteilung, erste Sendereihen im Rundfunk, 1947/48 Justitiar und nebenamtlicher Leiter der Rechtsabteilung der Deutschen Verwaltung für Volksbildung, 1947 Assessorexamen in Potsdam, 1949 Zulassung als Rechtsanwalt bei allen Gerichten in Groß-Berlin, 1952-1956 Verteidiger von KPD- und FDJ-Mitgliedern in politischen Prozessen in der Bundesrepublik, u.a. 1952-1954 im KPD-Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht, ab 1958 Fernsehreihe 'Pitaval' (mehr als 50 Sendungen), 1962 Vizepräsident der Vereinigung Demokratischer Juristen, ab 1963 Nebenkläger in 17 Prozessen gegen NS-Gewaltverbrecher in der Bundesrepublik, u.a. Auschwitz-Prozesse, Treblinka-Prozess, Euthanasieprozesse, KZ-Dora-Prozess und Majdanek-Prozess, 1965 Professor mit vollem Lehrauftrag und Direktor des Instituts für zeitgenössische Rechtsgeschichte an der Humboldt Universität zu Berlin, Chefjustitiar der Staatlichen Komitees für Rundfunk und Fernsehen, seit Febr. 1972 Moderator der Fernsehsendung 'Fragen Sie Professor Kaul', 1975 stellvertretender Vorsitzender der internationalen Chile-Kommission, Autor von Kriminalromanen, Tatsachenerzählungen, Hörspielen und mehr als 60 Fernsehfilmen 11. Juli 2011 Bearbeitungshinweis Der Nachlass von Friedrich Karl Kaul liegt im Bundesarchiv gesplittet in zwei Teilen vor. Beide Nachlassteile sind vollständig bearbeitet und über Findbücher (N 2503 und NY 4238) zugänglich. Sept. 2011 Bestandsbeschreibung Bestandsgeschichte: Nachlass-Übernahmevertrag mit der Rechtsanwaltskanzlei Friedrich Karl Kaul, Winfried Matthäus und Günter Ullmann vom 2. Nov. 1982, Vereinbarung mit dem Zentralen Parteiarchiv beim Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED und dem Zentralen Staatsarchiv Potsdam, Apr. 1983, erste große Übernahmen Juni/Juli 1981 und Juli 1983, weitere folgten bis Nov. 1990 (aus dem NS-Archiv des MfS), zuletzt 2007 und 2008. Inhaltliche Charakterisierung Der Nachlass Kaul gehört zu den interessanten Nachlässen von Persönlichkeiten, die maßgeblich die deutsche Nachkriegsgeschichte geprägt haben. Die Überlieferung dokumentiert das Leben und Schaffen eines überzeugten Antifaschisten, der im Auftrag der SED als Strafverteidiger, Publizist und Propagandist tätig war. Mit seinen vielfältigen Aktivitäten zur Aufdeckung verdrängter Themen wie den Holocaust und die Mitschuld der Deutschen trug er zur Erweiterung des kulturellen Gedächtnisses bei. Kaul schrieb in der Zeit des kalten Krieges deutsch-deutsche Rechtsgeschichte. Sein anwaltliches Wirken als überzeugter Kommunist war eng mit der „Westpolitik" der SED verbunden. Davon zeugen die Kontakte Kauls zu hochrangigen Mitgliedern des ZK der SED und des Staatssicherheitsdienstes. In der Bundesrepublik trat Kaul als Nebenklagevertreter in 17 NS-Verfahren auf, u. a. im: · Eichmann-Prozess (1960 - 1961) · Auschwitz-Prozesse (1963 - 1966) · Hahn-Prozess (1964 - 1968) · Euthanasieprozesse (1967 - 1968) · Beckerle-Prozess (1967 - 1968) · KZ-Dora-Prozess (1967 - 1970) · Gießener Gestapo-Prozess (1975 - 1977) Von diesen Prozessen sind im Nachlass eine Vielzahl an Unterlagen (Ermittlungsakten, Stellungnahmen der Verteidiger, Gutachten und sonstige Ausarbeitungen von Kaul) überliefert. Die Unterlagen sind Ausdruck der Systemkonfrontation und spiegeln den Umgang Kauls mit der westdeutschen Justiz wieder. Kaul präsentierte seine Fälle als Jurist oft in eigener Weise als Lehrstück zur Nachkriegsgeschichte. Er verfasste Drehbücher für Fernseh-Pitavale, die als Krimi-Reihen (Serien- und Mehrteiler) des DDR-Fernsehens erschienen wie z. B.: · Der Blaue Aktendeckel (1957) · Das Loch in der Mauer (1958) · Der Fall Jakubowski (1959) · Der Fall Stinnes (1960) · Der Fall Dehnke (1961) · Auf der Flucht erschossen (1962) · Die Affäre Heyde-Sawade (1963) · Die Synagoge brennt (1966) · Der Fall der Ulmer Reichswehroffiziere (1967) · Der Zeuge bleibt unbehelligt (1968) · Spreche Sie zur Sache, Angeklagte (1970) · Als entlastet eingestuft (1973) Für das Fernseh-Pitaval „Die Affäre Heyde-Sawade" schrieb Kaul nicht nur das Drehbuch sondern trat selbst in Erscheinung. Die Rolle des Erzählers zeigte die enge Verbindung zu seinem Arbeitsfeld. Er setzte sich mit der NS-Vergangenheit auseinander und wollte Aufklärung über die „braunen Wurzeln" in der Bundesrepublik leisten, bevorzugte daher Themen über die westdeutsche Justiz. Der Nachlass von F. K. Kaul mit seinen vielfältigen persönlichen und dienstlichen Unterlagen, zu denen auch eine Reihe von Aufsätzen, Interviews und Berichten gehören, dürfte v. a. für die rechtshistorische Forschung und Lehre von Interesse sein. Erschließungszustand Der Nachlass ist vollständig erschlossen und online zugänglich. Ein großer Teil des nachlasses wurde 1981/82 erschlossen. Im Ergebnis der Erschließung entstand entstand eine Findkartei. Diese Daten wurden später in die Datenbank BASYS-S übertragen. Weitere Erschließungsarbeiten einzelner Nachlassteile sowie die abschließende Bearbeitung in der Datenbank erfolgten in den Jahren 2006 - 2010. Vorarchivische Ordnung Das zentrale Staatsarchiv übernahm in den 1980-er Jahren nach erfolgten Bestandsabgrenzung im Zentralen Parteiarchiv der SED in mehreren Etappen den den mengenmäßig größten Teil (ca. 90 lfm) des Nachlasses von F. K. Kaul. Die Unterlagen wurden dem Archiv völlig ungeordnet und ohne jegliches Findmittel übergeben. Der Teilnachlass F. K. Kaul war zunächst unter der Bestandssignatur W-Ka abgelegt. Im ZStA wurden von 1983 bis 1988 einzelne Nachlassteile von F. K. Kaul (ca. 26 lfm) von Michael Müller vorläufig bearbeitet und eine handschriftliche Findkartei erstellt. Alle Fragen der Erschließung, Nutzung und Vollständigkeit der Akten klärte das ZStA 1982 persönlich mit den Nachlassgebern Ullmann und Matthäus. Zitierweise BArch N 2503/...
- EHRI
- Archief
- de-002429-n_2503
Bij bronnen vindt u soms teksten met termen die we tegenwoordig niet meer zouden gebruiken, omdat ze als kwetsend of uitsluitend worden ervaren.Lees meer